Testbericht: Milane in Aktion mit der Nikon D850

Ein Roter Milan (Milvus milvus) kurz vor dem Ergreifen eines Beutefisches. Das Foto entstand mit einer Nikon D850 am Breiten Luzin im Naturpark Feldberger Seenlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern.
Ein Roter Milan (Milvus milvus) kurz vor dem Ergreifen eines Beutefisches. Das Foto entstand mit einer Nikon D850 am Breiten Luzin im Naturpark Feldberger Seenlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern. © Holger Rüdel

Greifvögel im Flug abzulichten, gehört zu den größten Herausforderungen in der Tierfotografie. Und wenn es darum geht, Milane, Bussarde, Seeadler oder andere Räuber der Lüfte in schneller Aktion und fast formatfüllend zu porträtieren, zum Beispiel beim Ergreifen der Beute, sind wir in der Königsdisziplin dieses fotografischen Genres. 

Im „Greifvogelparadies“

Als Stammgast im „Greifvogelparadies“ Deutschlands, dem Naturpark Feldberger Seenlandschaft im Südosten des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte, sind mir aus Tarnverstecken und vom Elektroboot des Rangers Fred Bollmann bei jedem Besuch Aktionsfotos gelungen, mit denen ich durchaus zufrieden war. Obwohl ich die relativ „langsamen“ Kameras Nikon D610 und D800 verwendete, konnte ich Szenen einfangen, die den entscheidenden Moment beim Beutegreifen dokumentieren. Aber oft verfehlte ich dieses blitzschnelle Zupacken, das sich im Bruchteil einer Sekunde abspielt, weil die Serienbildgeschwindigkeit meiner Aufnahmegeräte nicht ausreichte, alle Phasen des Geschehens lückenlos aufzuzeichnen.

Die neue Nikon D850: Highspeed und hohe Auflösung

Mit der im Herbst 2017 erschienenen Nikon D850 gibt es jetzt ein Werkzeug, das von den Ausstattungsmerkmalen her alle Voraussetzungen für perfekte aktionsgeladene Tierfotos mitbringt:

  • 45,7-Megapixel-Sensor, ideal für extreme Ausschnitte
  • Rauschärmere Aufnahmen dank der Bildverarbeitungs-Engine Expeed 5
  • ISO-Bereich bis 25.600, erweiterbar bis 102.400
  • AF-System aus der Nikon D5 mit 153 Messfeldern 
  • Superschnelle Serienaufnahmen von neun Bildern in der Sekunde bei Verwendung des Spezialakkus EN-EL18b oder EN-EL18a im Multifunktionshandgriff Nikon MB-D18
  • Hohe Speicherfrequenz bei Einsatz einer XQD-Karte 

 

Die Nikon D850 im Einsatz

Soweit die Theorie. Schafft es die neue Nikon in der Praxis, die Grenzen in der Tierfotografie hinauszuschieben, in diesem Fall bei Aufnahmen von Greifvögeln beim Packen von Beute?

Zu diesem Zweck machte ich mich, mit der D850 samt Highspeed-Zubehör im Gepäck, Ende April 2018 erneut auf den Weg in die Feldberger Seenlandschaft, wo mich Fred Bollmann mit seinem Elektroboot schon erwartete. Wer bei ihm eine Action-Tour bucht, das heißt eine morgendliche Mitfahrt auf seinem fast geräuschlosen Spezialschiff, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass er Milane (Schwarz- bzw. Rotmilane) und/oder Seeadler sehen und auch vor die Linse bekommen kann. Das ist schon einmal die halbe Miete! Und dann müssen natürlich Lichtverhältnisse und Windsituation stimmen.

Ich hatte das Glück, bei optimalen äußeren Bedingungen an zwei Tagen mehrfach Milane und Seeadler im Flug über dem Breiten Luzin fotografieren zu können. Als „Zugabe“ schenkten die Greifvögel mir und den Kolleginnen und Kollegen an Bord einige perfekte Anflüge auf die von Fred Bollmann clever servierten Beutefische. Diese Aktionen laufen so schnell ab, dass man sie mit bloßem Auge nicht in allen Details wahrnehmen kann.

Das war der Moment, in dem die Nikon D850 mit ihrer rasanten Aufnahmefrequenz von neun Bildern pro Sekunde ihre ganze Power ausspielte und die dramatischen Szenen vom Anflug, Beutegreifen und Abflug wie in einem Zeitrafferfilm in allen Phasen aufzeichnete. So gelangen mir zum ersten Mal Bilder, die Bruchteile von Sekunden vor dem Packen der Beute entstanden und bei denen die ganze Konzentration des Raubvogels mit seinen ausgestreckten Fängen zu erkennen ist. 

Die Rasanz des Beutegreifens

Die nachfolgenden Bildserien zeigen Rote Milane in Aktion und dokumentieren zum einen die Rasanz des Beutegreifens an sich, zum anderen aber auch die Fähigkeit der Nikon D850, diese Aktionen perfekt festzuhalten. Ich verwendete bei allen Fotos das Telezoom Tamron SP 150-600mm G2, das auch an der Nikon D850 eine ausgezeichnete Performance liefert.

Anflug, Ergreifen der Beute und Abflug erfolgten bei dieser Aufnahmeserie in zwei Sekunden:

 

Auch die Sequenzen in der folgenden Galerie liefen innerhalb von zwei Sekunden ab …

 

… ebenso wie die Szenen in der letzten Bildserie dieses Beitrages.

 

Milane im Flug mit der Nikon D850: Tipps und Tricks

  • Milane sind extrem schnell, wenn sie zupacken: Belichtungszeiten möglichst 1/2500 Sekunde, auf keinen Fall unter 1/2000 Sekunde.
  • ISO-Automatik aktivieren und mit manueller Belichtungssteuerung kombinieren – dadurch volle Kontrolle über Belichtungszeit und Blende 
  • ISO maximal 12.800
  • Kontinuierlicher Autofokus (C) mit Auslösepriorität
  • Dynamische Messfeldsteuerung mit 153 Fokusmessfeldern bringt nach meiner Erfahrung die besten Ergebnisse. In manchen Situationen ist die Messfeldgruppensteuerung die bessere Wahl. 
  • Zentrales Autofokus-Messfeld auswählen und den Greifvogel damit anvisieren
  • Die Back-Button-Focus-Methode verwenden und die AF-On-Taste beim Verfolgen des Milans gedrückt halten
  • Aktionsfotos vor unruhigem Hintergrund (zum Beispiel Bäume am Seeufer) können den Autofokus irritieren – vermeidbar durch eine Änderung der Aufnahmeposition.
  • Matrix-Belichtungsmessung mit Minuskorrektur (1/3)
  • Bildstabilisierung am Objektiv deaktivieren 
  • RAW-Modus 12 Bit verlustfrei komprimiert statt 14 Bit zur Erhöhung des Pufferspeichers  – nach meinen Tests ohne sichtbare Qualitätseinbußen. 
  • Nicht zu stark heranzoomen! Besser Raum lassen! Bei ihren meistens nicht vorhersehbaren Flugbewegungen verschwinden Milane leicht aus dem Sucherbild und müssen neu „eingefangen“ werden. 
  • Eine schussbereite Zweitkamera bereithalten, die Aufnahmen in einer Entfernung von etwa 10 Metern ermöglicht, denn Milane scheuen sich nicht, ihre Beute mitunter in der Nähe von Menschen zu ergreifen.

 
Im zweiten Teil dieses Testberichtes geht es um Erfahrungen mit der Nikon D850  bei Aufnahmen von Seeadlern im Flug und das Fazit meines Einsatzes in der Feldberger Seenlandschaft mit dieser Kamera. 

 

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