Jim Brandenburg – Aufbruch in die Natur

Jim Brandenburg beim Outdoor-Workshop in Selk 2011 © Holger Rüdel
Outdoor-Workshop mit Jim Brandenburg in Selk (Schleswig-Holstein) im Juni 2011. Das Bild zeigt den Fotografen bei der Motivsuche am Rand des Europäischen Fernwanderweges E1, der durch Selk und Umgebung führt. © Holger Rüdel

Das Jahr 1994 markierte eine entscheidende Wende im Leben von Jim Brandenburg. Nach vielen strapaziösen Reportageaufträgen, die ihn vor allem für National Geographic rund um den Globus geführt hatten, fühlte er sich ausgebrannt und leer. Ihm fehlte der „Spirit“, der Antrieb für neue, ungewöhnliche Projekte. Da kam ihm ein rettender Gedanke: „Back to the roots“, in diesem Fall „zurück zur Natur“.

Schon als Kind besuchte Jim Brandenburg gern Orte, die völlig unberührt wirkten; am liebsten streifte er durch die Prärie rund um sein Elternhaus. Schneestürme mochte er besonders, weil sie alle menschlichen Spuren verwischten. Eines Tages überredete er seine Mutter, mit ihm während eines Blizzards nach draußen in die Prärie zu fahren und ihn dann allein nach Hause laufen zu lassen. Dann fühlte er sich wie ein Polarforscher.

Diese Erinnerungen ließen 1994 einen ungewöhnlichen, ja abenteuerlichen Plan zur Bewältigung seiner Krise reifen:  Jim Brandenburg begab sich für 90 Tage in die einsame, mitunter noch unberührte Wildnis im Norden von Minnesota in der Nähe seines Anwesens in Ely – mit dem Plan, täglich nur ein einziges Foto aufzunehmen.

Das Projekt „Chased by the Light“

„Es würde keine zweite Aufnahme, keine zweite Chance geben“, schrieb er im Rückblick auf dieses Projekt. „Meine Arbeit wäre auf das Wesentliche reduziert, würde meine gesamten fotografischen und Waldläuferqualitäten fordern.“ Niemand hatte Jim Brandenburg dazu angestiftet. Es war seine eigene, persönliche Herausforderung mit dem Ziel, neue Horizonte für sich selbst zu entdecken.  Und doch wurde das 90-Tage-Projekt publik und zu einem Meilenstein im Leben und Werk des Fotografen: Schon nach der Sichtung der ersten Bilder der Serie, die eher zufällig auf dem Tisch eines Redakteurs gelandet waren, beschloss die Leitung des National Geographic Magazine, ein Sonderheft eigens für das 90-Tage-Projekt herauszugeben.

Diese Ausgabe erschien 1997 unter dem Titel „North Woods Journal“. Ein Jahr später wurden die Fotos in dem Bildband „Chased by the Light – A 90-Day Journey“ veröffentlicht, der in Deutschland unter dem Titel „Natur im Licht“ publiziert wurde. Das Buch, das in den USA durch eine vielbesuchte Wanderausstellung der 90 Bilder ergänzt wurde, entwickelte sich zum Bestseller und vergrößerte die Bekanntheit Brandenburgs enorm. William Allard, der Herausgeber des National Geographic Magazine, schrieb im Vorwort zu „Chased by the Light“:  „Ich habe selten eine Fotoserie gesehen, die bei jedem Betrachten neue Entdeckungen ermöglicht. Jedes Bild fängt den Geist der Natur in einer einzigen Momentaufnahme ein. Für mich wird die Perfektion jedes Bildes noch beeindruckender, wenn ich an die Disziplin und den Elan denke, die notwendig waren, um die Vision drei Monate lang aufrecht zu erhalten.“

Dieser Beitrag wurde am 11. Juni 2011 veröffentlicht in: Schleswig-Holstein Journal, Magazin des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages, S. 14.

 

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